Der Gloss'n Hans macht sich Gedanken
Identitätspolitik im Garten
Sie wer’n lachen, aber ich habe keine Meise. Zumindest nicht in dem Nistkasten, den ich für Meisen vorgesehen hatte.
Das Bereitstellen von Bruthilfen für Gartenvögel ist wie ein Lehrstück für Politik. Als Verantwortlicher wird man ermahnt, etwas zu unternehmen. Man arbeitet sich in die Materie ein, muss entscheiden, für wen ein Angebot bereitgestellt werden soll (Höhlenbrüter, Halbhöhlenbrüter, Nischenbrüter…) und dafür sorgen, dass es auch die richtigen nutzen.
Weil Vögel nur ungern Formulare zu Wohnbedarf und Futter-Einkommensverhältnissen ausfüllen, regelt man den Zugang durch Standort, Bauweise und Größe des Einflugloches. Für die Kohlmeise bohrt man ein 30 bis 34 Millimeter kleines Loch. Der Kasten wird nun aber von Spatzen bewohnt. Früher, als sich die Menschen noch um Ernten sorgten, wurden Spatzen als Schädlinge bekämpft, heute sind sie geschützt. Ich will die doch nicht rauswerfen!
In einem Starenkasten war ganz korrekt ein Starenpaar eingezogen. Dann wurde das junge Glück mit Presslufthammerlärm vertrieben von einem alleinstehenden Specht, der im Winter darin übernachtet hat. Wer hat jetzt Recht?
Und überhaupt: Bei den Meisen bestimmt das Weibchen den Nistplatz, das Männchen darf immerhin eine Vorauswahl treffen. Fürs Interieur ist dann ebenfalls das Weibchen zuständig. In der Fauna werden tradierte Rollenverständnisse noch nicht politisch in Frage gestellt. Muss ich mich beim korrekten Nistkastenbau irgendwann dafür rechtfertigen, keine diversen geschlechtlichen Identitäten und Lebensformen berücksichtigt zu haben?
Ein Bekannter, der am Ortsrand wohnt, hatte neulich mehrmals Besuch von einem Fasan im Garten. Schön, dass die Natur von sich aus für eine farbenfrohe Vielfalt sorgt.
Ihr Gloss’n Hans
Autor:Gloss'n Hans aus Eckental |
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