Der Gloss'n Hans macht sich Gedanken

Der neue Hallensport

Sie wer’n lachen, aber die ersten Biergartenbesuche stelle ich mir vor wie die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen in der Politik, wenn sich Länder wieder annähern nach längerer Funkstille.
Seien wir ehrlich: Das Verhältnis zwischen Bedienung und Biergartengast war noch nie einfach. Warum dauert das so lang? Warum wird ausgerechnet mein Getränk vergessen? Wo bleibt die Rechnung? Das Verständnis dafür, dass Wirte nicht permanent stehende Heere bereithalten für Schönwetterschlachten, die bei Regen ausfallen, hält sich in Grenzen. Jetzt dürfen die Bedienungen nicht nur kilometerweit rennen, sondern auch noch jede Sitzplatzierung ausdiskutieren.
Ich bin auch gespannt, wie es auf den Toiletten erklingt am Handwaschbecken, wenn jeder Besucher das macht, was mir eine Erzieherin geraten hat: Beim Händewaschen in Corona-Zeiten zweimal „Happy Birthday“ singen. Wer schneller fertig ist, hat schlampig gewaschen! Und immer auf den Abstand achten!
Apropos Abstand: Derzeit etablieren sich ganz neue Sehgewohnheiten bei Gruppenbildern durch die Mindestabstände. Die Abbildungen der geschlossenen Reihen haben ja ihren Sinn und ihre Berechtigung, weil man wissen will, wer sich da fürs Gemeinwohl in irgendwelchen Gremien engagiert. Jetzt nach den Kommunalwahlen ist die Hochsaison für Gruppenbilder, wenn die neuen Gemeinderäte präsentiert werden. Man kuschelt sich nicht mehr aneinander, sondern verteilt sich in den Turnhallen. So gesehen ist es praktisch, dass der Hallensport zwangsweise Pause macht. Da kommen endlich mal die mehr oder weniger tollen Hallen zu Geltung.
Euer Gloss’n Hans