Der Gloss'n HANS MACHT SICH Gedanken
Easy Rider mit Gewissensbissen
Sie wer’n lachen, aber mit dem Radfahren ist es wie mit Sonnenbräune. Es gab Zeiten, da prahlten Adlige und Reiche mit nobler Blässe – braungebrannt waren nur arme Bauern, die auf Äckern schuften mussten. Irgendwann kehrte sich das Ganze um. Die gebräunte Haut stand für luxuriöse Noblesse, während Arbeiter und Angestellte in schummrigen Werkhallen und Großraumbüros verblassten.
Auch das Radfahren hat soziale Aspekte. Vor allem samstags und bei Erwachsenen kann es Beklemmungen auslösen. Weil wenn mich jemand sieht, muss er ja denken: „Der hod wohl ka Ärberd?“
Es ist ja so: Wo ich herkomme, hat man sich das, was man hat, erarbeitet: „Vo nix kummd nix.“ Und der Samstag wird für Arbeiten genutzt, deren Vergabe man sich nicht leisten kann oder will. Um das, was man hat, zu pflegen, zu erhalten, auszubauen. Oder zur handfesten Unterstützung von Freunden, Familie oder Vereinen. Hinlangen, dass was weitergeht.
Das steckt in einem drin wie eine Erbsünde des Landlebens. Wer samstags auf dem Fahrrad rumtrödelt, hat es entweder nicht nötig, was zu arbeiten (zu reich) oder ist sich dafür zu schade (zu faul) oder bringt mit eigenen Händen nichts zustande (zu blöd). So will man ja nicht dastehen, vor aller Welt.
Aber das Radeln hat sich ja gewandelt, vom Mangel an Möglichkeiten zum Statussymbol. Radelnde sind frei, sie müssen nicht mit dem Auto zur nächsten Tat hasten. Sie gönnen sich die Zeit, pfeifen auf eine halbe Stunde hin oder her, haben vielleicht schon im Homeoffice vorgearbeitet. Sie leisten sich das, für ihren Kreislauf, das Klima, die Anwohner und vielleicht auch neue Schaffenskraft.
Irgendwann werde auch ich mich daran gewöhnen. Bis dahin: Wenn mal ein Radler – statt zu grüßen – scheu dem Blick ausweicht, sehen Sie es mir bitte nach. Weil eigentlich hätt’ ich ja a Ärberd.
Ihr Gloss’n Hans
Autor:Gloss'n Hans aus Eckental |
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