Landwirte im wochenblatt-Land wollen informieren
Im Dialog mit der Landwirtschaft Folge 19
Seit Frühjahr 2019 hat das wochenblatt in einer unregelmäßigen Reihe Beiträge unter der Rubrik „Dialog mit der Landwirtschaft“ veröffentlicht. Der Leserbrief von Frank Uebelhack in der vergangenen Ausgabe (05/2020 vom 29. Januar, Seite 16) ist ein guter Anlass, noch einmal den Hintergrund dieser Rubrik zu erläutern.
Denn die wochenblatt-Redaktion sieht es nicht als ihre Aufgabe, einer einzelnen Berufsgruppe als Sprachrohr für politische Meinungsbildung zu dienen. Allerdings scheint es gerade im wochenblatt-Land, wo Nicht-Landwirte und Landwirte gut miteinander auskommen müssen, geboten, einen Dialog zu fördern, der ganz offensichtlich kaum stattfindet. Es geht darum, ohne Einfluss von Organisationen und Verbänden darüber zu informieren, was diejenigen Menschen bewegt, die den größten Teil unserer Landschaft gestalten und prägen. Insofern ist der Dialog, wie der Leserbrief zeigt, auch ein wenig in Gang gekommen. Mehrere Leserinnen und Leser wollten gerne an einer Gesprächsrunde der Landwirte teilnehmen (was aus Termingründen bisher nicht zustandegekommen ist), andere haben auf Bauernhöfen einen Tag lang mitgeholfen und nach eigener Aussage viel gelernt (und darüber berichtet), andere hinterfragen aktuell die Zusammensetzung der Gesprächsrunde.
Anfang 2019 hatte sich eine lose Gruppe aus Landwirten zusammengesetzt und festgestellt, dass ihre Familien zunehmend auch persönlich mit einer feindlichen Grundhaltung konfrontiert werden. Diese habe ihren Ursprung offensichtlich auch in einer undifferenzierten und lückenhaften Berichterstattung. Wenn sich Kinder beim Anblick jedweden landwirtschaftlichen Geräts die Nase zuhalten, egal ob gesät, geerntet oder tatsächlich Gülle ausgebracht wird, kann etwas nicht stimmen, so die Bauern. Zudem wurden Kinder von deren Altersgenossen pauschal mit dem Vorwurf konfrontiert, ihre Familien würden die Umwelt zerstören. Tatsächlich werden ständig Berichte über verschiedenste landwirtschaftliche Themen mit Gülleausbringung illustriert, wie sie seit Jahren schon nicht mehr praktiziert wird. Wenn in den Medien und aus der Bevölkerung eine „andere Landwirtschaft“ gefordert werde, müsse man nicht nur diskutieren, wie diese aussehen und sich wirtschaftlich tragen soll, sondern auch darstellen dürfen, wie bisher in der Region Landwirtschaft betrieben wird.
Gemischte Runde auch mit Biobauern
Wesentlich für eine Berichterstattung war für die Redaktion von Anfang an, dass es sich nicht um eine Gruppe handelt, die eine rückwärtsgewandte Wirtschaftsweise verteidigen will. Vielmehr diskutiert die Runde auch intern verschiedenste Sichtweisen, dabei sind neben Landwirten mit Meisterbrief, Fach- und Hochschulausbildung auch Berufe wie Gymnasiallehrer und Mediziner vertreten sowie praktizierende Bio-Bauern. Familie Fensel arbeitet in Oberschöllenbach nach Bio-Richtlinien im Naturland-Verband, Familie Engelhard in Pettensiedel im Biokreis-Verband, Familie Wölfel in Eschenau hat aktuell auf Biolandwirtschaft umgestellt und Familie Merkl in Igensdorf stellt derzeit teilweise auf Bio-Anbau um. Bernd Trummer in Pommer, Matthias Tauber und seine Schwester in Kemmathen sowie Johannes Rohlederer in Kleingeschaidt haben intensiv mit Biolandwirtschaft befasst, die Umstellung scheiterte aber zumindest bisher an fehlenden Abnehmern von Bio-Milch, wirtschaftlichen Risiken oder erforderlichen, aber nicht finanzierbaren Baumaßnahmen.
In den nächsten Wochen beabsichtigt die Gruppe einen deutschen Hochschulprofessor für Hydrogeochemie einzuladen, der Schadstoffe und ihre Herkunft wissenschaftlich untersucht. Zu einer öffentlichen Veranstaltung sollen dann auch alle interessierten Leser eingeladen werden.
Einen „Wandel in der Landwirtschaft mit all seinen Konsequenzen“ zu diskutieren, beinhaltet auch, die Konsequenzen zu kennen und zu benennen. Im persönlichen Gespräch mit vielen Landwirten, auch mit engagierten Bio-Vorreitern, wird oft deutlich, dass die Gesellschaft vor einem strukturellen Problem steht. Es geht um die Frage, ob eine Gesellschaft diejenigen, die bisher für Ernährung sorgen – ob bio oder konventionell – ebenfalls ernähren kann und will. Die Rahmenbedingungen werden aber nicht im wochenblatt-Land festgelegt, sondern in der EU, bei Bund, Ländern und Behörden.
Keine Interessenvertretung für einzelne Berufsstände
Das wochenblatt war nie Interessenvertretung bestimmter Berufe oder politischer Strömungen und wird es auch nie sein. In einer auch für das wochenblatt-Land so wichtigen gesellschaftlichen Debatte darf es aber die individuelle Situation derjenigen beschreiben, die unmittelbar und oft existenziell betroffen sind, und sachlich über deren Arbeit informieren. So wie seit jeher auch regionale Gruppen wie Bund Naturschutz, Agenda 21 und viele mehr selbstverständlich im wochenblatt zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen.
Autor:wochenblatt - Redaktion aus Eckental |
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