Das sagen die Fachleute

Tuspo Heroldsberg: Wie eine EM zur Quiz-Frage wird

Vor dem Fernseher wird jeder zum Trainer. Es gibt aber auch echte Fußballfachleute im wochenblatt-Land, und zwar in den Sportvereinen. Sie haben Erfahrung auf dem Spielfeld und am Spielfeldrand und wissen, wie sich kritische Szenen, Erfolge und Niederlagen anfühlen. Sie sorgen für den Spielbetrieb sowie die Nachwuchsausbildung und sind regelmäßig intensiv mit Fußball befasst.Wir haben diese Kompetenzträger im wochenblatt-Land nach ihrer Meinung gefragt.

Unsere Enkelkinder können sich schon jetzt darauf vorbereiten: Wenn sie in vielen Jahren bei einem sichtlich ergrauten Günther Jauch bei „Wer wird Millionär“ sitzen werden, wird ihnen mit Sicherheit die Frage gestellt werden: Was war das Besondere an der EM 2020?

Derzeit wären noch mehrere Antworten möglich. War sie besonders, weil die Fußball-Fans nach Monaten ohne Amateurfußball während der EM viel lieber selber aktiv wurden, statt den Profis zuzuschauen? War sie besonders, weil sie die EM vor der Glühwein-WM in Qatar war und die Ära des völlig kommerzialisierten Fußballs einläutete, in der die Nationalteams mehr denn je zu Kunstprodukten wurden und nicht mehr der Stolz einer Nation waren? Oder wird es das Besondere sein, dass sich Jogi Löw nach seiner (für einige zu langen) Ära als Bundestrainer mit dem Titel verabschiedete?

Auch wenn die Nationalmannschaft nicht mehr das ist, was sie einmal war, würden wir uns gegen das letzte Szenario sicher nicht wehren. Ein bisschen Turnier-Euphorie würde uns nach dieser Zeit sicherlich gut tun. Ob es allerdings wirklich dazu kommt – da habe ich meine Zweifel. Es wurde ein Umbruch eingeläutet, allerdings ohne Erfolg. Die „Alten“ wurden unfreiwillig aussortiert – die „Neuen“ sind noch nicht am Zenit. Auch wenn wir es uns wünschen würden: Das Besondere der EM 2020 wird vermutlich kein Abschiedstitel für Löw werden.