Home-Office-Lehrer als Quereinsteiger?
Schule daheim

Schule kann auch zuhause funktionieren – und sogar Spaß machen.

Home-Office-Lehrer als Quereinsteiger?

Seit Montag, den 16. März sind bekannterweise in ganz Bayern die Schulen geschlossen. Das ist nicht nur für berufstätige Eltern eine Herausforderung in Bezug auf die Kinderbetreuung. Dazu kommt die für die meisten Eltern ungewohnte Situation, dafür zu sorgen, dass die Kinder schulisch wenigstens ein bisschen am Ball bleiben und die Tage nicht einfach als verlängerte Ferien betrachten. Für die älteren Kinder gibt es dafür ein Online-Angebot, obwohl es dabei wohl auch das eine oder andere technische Problem gab und möglicherweise noch gibt. Für Eltern von Grundschulkindern sieht das Ganze ein wenig anders aus. Hier gibt es keine Online-Schule. Doch zum Glück hatten, zumindest in der Grundschule Igensdorf, die Lehrer schon vorausschauend mitgedacht und ein kleines Aufgaben-Paket geschnürt, welches sie den Kindern am letzten Schultag mitgeben konnten. Also schlüpfen hier die Eltern in die Rolle der Lehrer und versuchen, ihre Kinder davon zu überzeugen, dass Schule (auch) zuhause funktioniert – und Spaß machen kann.
Eine Möglichkeit ist es, einfach den Schulalltag so gut es geht beizubehalten. Nach einem gemütlichen Frühstück beginnt um 8 Uhr wie gewohnt der Unterricht, nur eben am Esstisch oder Schreibtisch im Kinderzimmer und mit Mama oder Papa als Lehrer. Sinnvoll ist es, sich vorher einen Plan zu schreiben, welche Aufgaben an diesem Tag gemacht werden sollen. Das erleichtert den Eltern die Aufgabe und gibt dem Unterricht ein bisschen Struktur.

Und so sieht der Tag eines Grundschülers aus:

Erste Doppelstunde: Deutsch. Ein Timer läuft nebenher, damit die Unterrichtszeit, genauso wie die Pausenzeit, eingehalten wird. Das Kind bekommt einige der Aufgaben von der Schule und, wenn vorhanden, noch ein paar zusätzliche Aufgaben aus einem Heft mit Übungsaufgaben für die jeweilige Klasse. Manche Schulen in Deutschland bieten auf ihren Webseiten auch Unterrichtsmaterialien für die Klassenstufen zum Herunterladen. Das bringt Abwechslung ins Programm. Auch Lern-Apps können helfen.
In der Pause darf sich das Kind einfach mit allem beschäftigen, was ihm so in den Kopf kommt. Sei es ein Spiel spielen, in den Garten gehen (sofern vorhanden), lesen, schlafen, essen usw. Die zweite Doppelstunde ist Mathe. Auch hier gibt es, wie bei der ersten Stunde, einen durchgeplanten Aufgabenmix. Ruhig ein paar Spaßaufgaben ergänzen, das hält die Kinder motiviert. Ist der Unterricht beendet, wird gemütlich gemeinsam zu Mittag gegessen. Dabei kann auch das Kind Vorschläge machen, welche Fächer denn am nächsten Tag durchgenommen werden sollten. So kann auch ein Unterrichtstag mit WTG damit ausgefüllt werden, dass z.B. ein Vogelhaus gebaut oder der Webrahmen aus dem Schrank geholt und gewebt wird. Die Büchereien und Bibliotheken sind zwar geschlossen, aber neben dem Lesebuch aus der Schule und den Büchern im heimischen Bücherregal gibt es auch im Internet verschiedene Angebote, um mit den Kindern zu lesen. Kunst und Musik können auch „auf dem Stundenplan“ stehen, denn, genau wie in der Schule lockern gemeinsames Singen, Musizieren und Malen den Unterricht auf und machen einfach Spaß.

Der Sprung ins kalte Wasser

Von einem Tag auf den anderen wird der tägliche Stundenplan nicht mehr von Lehrern und Schule bestimmt, in manchen Fällen übernimmt es noch ein Elternteil – oft sind vor allem die größeren Schüler auf sich alleine gestellt. „Lernen ist eine Holschuld“, sagt der Opa am Telefon, dass das schon mal eine gute Übung für ein späteres Studium oder das Berufsleben sein soll, ist den Kids aber keine große Hilfe. Grundschüler müsste man sein... Von Schülern der 8. oder sogar 10. Klasse des Gymnasiums wird selbstständiges Arbeiten erwartet, besonders wenn die Eltern berufstätig sind.
Das Lernprogramm funktioniert erst mal nicht wirklich, aber dank der spontanen Organisation durch die Lehrer und die Verteilung über die Klassensprecher per E-Mail kommt das Arbeitsmaterial bei allen Schülern des GymEck an. Jetzt steht einem geordneten Home-Schooling-Betrieb eigentlich nichts im Weg. Naja, fast nichts. Wenn da nicht die Verlockung von Online-Games und witzigen YouTubern wäre, und in sozialen Medien muss man sich ja auch auf dem laufenden halten. Uuuups, schon ist der Tag fast um. Papa, der erst am Nachmittag nach Hause kommt, setzt den Filius zwecks Motivationssteigerung erst mal auf „WLAN-Diät“ – nur zu seinem Besten, auch wenn er das absolut noch nicht zu schätzen weiß. Schon nach der ersten Woche Auseinandersetzung mit abends müde nach Hause kommenden Eltern wirkt da der Gedanke an ganz normalen Schulalltag fast schon verlockend.

Multi-Tasking im Schichtbetrieb

Besser ist es, wenn Eltern in „Home-Office“ arbeiten: direkt neben dem (neuen) Heim-Arbeitsplatz sitzt also ab sofort der Schüler, damit er der Verlockung (s.o.) leichter widerstehen kann – im Großraumbüro geht sowas ja auch. Nur, dass der eifrige Schüler plötzlich laut lesen (oder denken) und wegen jeder Kleinigkeit fragen muss. Also Plan B: Zumindest bis zur achten Klasse macht es wohl Sinn, zu festen Zeiten konzentriert nach (Lehr-)Plan zu arbeiten, damit „dazwischen“ noch Zeit für ungestörte Berufsausübung der Eltern (und zum Zocken) bleibt. Zum Glück hat die große Schwester ihre Arbeitseinteilung selber gut im Griff. Mädchen sind ja auch disziplinierter und werden sich schon selbst auf den erforderlichen Wissensstand bringen (hoffen zumindest die Eltern, weil man ja es nicht wirklich kontrollieren kann und zu wenig Zeit für zwei volle Unterrichts-Stundenpläne hat). Zum Glück bieten viele Verlage Übungshefte mit Kontrollaufgaben (und Lösungen). Hat nicht die Buchhandlung um die Ecke eine Lieferservice? Morgen wird da gleich mal angerufen, wenn es nicht zwischen Mathe- und Deutschfragen in Vergessenheit gerät... Im Radio erzählen sie gerade was von „vielen Gesellschaftsspielen mit dem Kind“, und man fragt sich, wann alle Familienmitglieder gleichzeitig dafür Zeit haben sollen.

Was sagen die Schüler dazu?

Kinder achten noch nicht so sehr auf politisch korrekte Aussagen: „Es ist toll!“, das sagen die Kleineren laut und die Großen denken es. Dass die Eltern wegen Verdienstausfällen jammern oder permanent gestresst sind, weil sie Betreuung organisieren müssen und dann auch noch ein schlechtes Gewissen haben, weil ihr Kinde möglicherweise beim Lernstoff zurückliegt, das interessiert Kinder im Grundschulalter nicht wirklich. Und selbst in der zehnten Klasse sehen Schüler das Ganze relativ entspannt – sie brauchen zwar keine Betreuung mehr, aber die späteren Folgen der „Home-Schooling“ Phase sind ihnen erst mal egal. Genervt sind sie, weil sie sich nicht mit ihren Freunde treffen können, aber sonst ist es vor allem schön, im eigenen Tagesrhythmus zu arbeiten: ein wenig länger schlafen, Lektüre abends im Bett – jeder nach seinem Geschmack. Wenn natürlich die Abschlussprüfung auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, und nicht einmal sicher ist, ob der planmäßige Unterricht vorher noch in vollem Umfang nachgeholt werden kann, dann sieht die Sache ganz anders aus. Der einzige Trost ist: Alle sitzen in einem Boot – egal ob Abi oder Quali – die Corona-Krise verlangt des Abschlussjahrgängen 2020 einiges ab.

Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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