Der Gloss'n HANS MACHT SICH Gedanken

Gelberum und andere Wurzeln

Sie wer’n lachen, aber ich mag keine Möhren. Nicht wegen des Geschmacks, sondern wegen des Namens. Vor allem jetzt, wo ich weiß, dass statistisch alle 14 Tage eine Sprache verloren geht. Das haben Mathematiker der Cornell University in Ithaca, New York, errechnet. In diesem Jahrhundert werden 90 Prozent der weltweit 6.500 Sprachen aussterben.

Deswegen verleiht der Bund Bairische Sprache e.V. den Sprachwurzel-Preis. Damit werden prominente Preisträger ausgezeichnet, die bei offiziellen Anlässen ihren Dialekt auf Augenhöhe mit der Standardsprache stellen und helfen, dass beide Sprachen überleben können. Preisträgerin 2022 war die Aigners Ilse, früher Elektrotechnikerin und heute Landtagspräsidentin.

Davon weiß ich nur, weil der Verein mit einer Meldung zum „Tag der Muttersprache” am 21. Februar Aufsehen erregte. Gefordert wurde, dass man in Publikationen die Regionalformen des Schriftdeutschen berücksichtigt, bei Gemüse zum Beispiel Gelbe Rüben, Rote Rüben und Blaukraut. Der Vorsitzende heißt Sepp Obermeier. Und wo er Recht hat, hat er Recht, der Wurzelsepp: Auch in Franken sollte man sich nicht auf Möhren beschränken, solange es Gelbe Rüben gibt. Die ess‘ ich gerne! Man muss sie ja nicht gleich vollfränkisch "Gelberum" rufen. Ganz zu schweigen von den Futterrüben, die früher als Pfoschn oder Rangers auf den Tisch kamen. Dialekt verleiht keine Flügel, aber Wurzeln. Auch Rotkraut klingt sperrig in fränkischen Ohren. Wie viel schöner ist, mit rollendem R: Blaugraud bleibd Blaugraud und Braudgleid bleibd Braudgleid.

Jenseits aller Wortklauberei kam mir zu Ohren: Am 20. Februar haben wir statistisch die Selbstversorgung bei Obst überschritten, den Rest des Jahres versorgt uns das Ausland. Am 6. Mai ist es beim Gemüse so weit. Guten Appetit,

Ihr Gloss’n Hans