Mit Homeschooling zum Abi
Wenn das Jugendzimmer zum Klassenraum wird
Seit dem 16. Dezember findet in Bayern kein Präsenzunterricht mehr statt. Die Zwischenzeugnisvergabe wurde um drei Wochen auf den 5. März verschoben, und auch die Abiturprüfungen finden erst später statt. Geplant ist derzeit der Start der Prüfungen am 12. Mai. Die Situation an den bayerischen Schulen ist angespannt.
„Man muss flexibel sein“, sagt Sidney Goodheart, Schüler am Gymnasium Eckental. Aber „Im Großen und Ganzen passt alles“, erzählt der Abiturient. An seiner Schule gibt es ein Rahmenkonzept für den Distanzunterricht. Die Stundenpläne der Schüler sind unverändert - jede Stunde findet auch zu Hause zu der Zeit statt, zu der sie auch in der Schule stattgefunden hätte.
Die Lehrer sind dazu angehalten, am Vortag bis 18 Uhr, den Ablauf und die Inhalte ihrer Stunde den Schülern mitzuteilen. Hierbei arbeitet das Gymnasium mit „Homeworker“, einer der zahlreichen Apps, die zum Managen des Schulalltags mittlerweile angeboten werden. Allerdings gab es auch hier, wie an vielen anderen Schulen, anfänglich Schwierigkeiten. Das Video-Tool der App stellte die Schulleitung vor einige Probleme, weshalb man sich kurzfristig dazu entschloss, zumindest für die Videokonferenzen wieder auf die Plattform Microsoft Teams umzusteigen.
Drei verschiedene Unterrichtsmodelle
Auch im Distanzunterricht entscheiden die Lehrkräfte selbst, wie sie diesen gestalten wollen. In einigen Fächern, z.B. Deutsch oder Geschichte, findet für Sidney „normaler“ Unterricht statt. Die Lehrer halten hier ihre Stunden so, wie es auch im Präsenzunterricht der Fall wäre, mit Dialog und direkter Rückmeldung. Andere setzen auf Videokonferenzen im Vorlesungsstil und vermitteln den Stoff in einem Vortrag. Manche vermeiden die Videokonferenzen und geben den Schülern über die App Arbeitsaufträge und Anweisungen für die Stunde.
Für Sidney gestaltet sich das Homeschooling relativ komfortabel, wie man an der Ausstattung seines Schreibtisches sehen kann. „Ich bin ein Technik-Freak“, erklärt er. Weil er sich in seiner Freizeit als Hobby mit der Fotografie beschäftigt, hat er die Möglichkeit, für Videokonferenzen eine professionelle Kamera zu benutzen. Außerdem arbeitet er mit zwei Monitoren auf seinem Schreibtisch, da er sie privat für Videoschnitt und Bildbearbeitung nutzt. Seine Notizen macht er schon seit längerem - auch in der Schule – digital, Stift und Zettel nutzt er nur noch sehr selten. Er weiß, dass nicht jeder Schüler solche Möglichkeiten hat. „Die meisten haben Laptops und schreiben alles handschriftlich mit“, erzählt er. Für Schüler, die sich die notwendige Ausstattung nicht leisten können, hat die Schule Leihgeräte zur Verfügung gestellt.
Ungewissheit vor den Abitur-Prüfungen
Noten werden aktuell nur sporadisch vergeben. Klausuren finden derzeit keine statt, sollen aber nachgeholt werden, sobald es wieder vor Ort möglich ist. Auch kleine Leistungsnachweise, also Stegreifaufgaben, sind aktuell nicht möglich. Einige Lehrer machen aber zumindest Mitarbeitsnoten oder benoten Referate. Doch gerade für die Abiturienten sind diese Noten wichtig, weil sie in ihre Abiturnote eingerechnet werden. „Auch wenn es mir in der aktuellen Situation eher gut geht – viele Schüler sind durch die aktuelle Situation sehr belastet“, erzählt der Q12-Jahrgangsstufen-Sprecher. Der Großteil der Lehrer gebe sich zwar große Mühe, eine angemessene Vorbereitung zu ermöglichen, aber dennoch ist eine Ungewissheit unter den Schülern zu spüren.
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Abiturprüfungen spaltet auch die aktuelle Absage der Faschingsferien die 12. Klasse. „Ich persönliche fände die Ferien gut, um mich mal zu organisieren“, sagt der 18-Jährige. In den letzten Wochen ist ein großes Chaos entstanden, sagt er. Die Ferien wollte er nutzen, um die Arbeit für die nächsten Wochen zu strukturieren. Andere Schüler hingegen sind froh, dass es keine Ferien geben wird. Sie möchten die Zeit nutzen, um verloren gegangene Zeit nachzuholen.
Wechselunterricht seit Montag
Um den Abiturienten die Prüfungsvorbereitungen zu erleichtern, findet seit Montag Wechselunterricht für die Abschlussklassen statt. Alles anderen Klassen müssen bis vorerst 14. Februar im Distanzunterricht bleiben, wie es ab dem 15. Februar für alle Klassen weitergehen wird, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
Am Gymnasium Eckental wird die Jahrgangsstufe 12 in zwei Gruppen aufgeteilt, die dann im täglichen Wechsel ins Klassenzimmer kommen, bis nach zwei Wochen jede Gruppe an jedem Wochentag präsent war. Auch der normale Sportunterricht soll wieder stattfinden. Allerdings stehen die Schüler diesem Plan skeptisch gegenüber. Der Großteil der Schüler sieht die Durchführung der Sportstunden als unnötig, wie Sidney berichtet.
An den Präsenztagen in der Schule können persönlich die offenen Fragen zu den Arbeitsaufträgen während der Distanztage geklärt werden. Videokonferenzen sind dann beim Unterricht zuhause nicht mehr möglich, da die Lehrkräfte die jeweils andere Gruppe vor Ort unterrichten. Dafür bekommen die Schüler Arbeitsaufträge zum Vertiefen und Vorbereiten des Unterrichtstoffes.
Glasfaseranschluss soll kommen
„Mit Glasfaseranbindung könnte man den Unterricht vielleicht streamen, das wäre sicher eine gute Lösung“, sagt Sidney. Bisher gibt es am Gymnasium Eckental noch keinen Glasfaseranschluss, was das Streamen aus den Klassenzimmern in die heimischen Zimmer kompliziert macht. Schulleiter Burkard Eichelsbacher zeigt sich vorsichtig optimistisch. „Die Planungen für den Glasfaseranschluss laufen, die Bauarbeiten sollen im zweiten Quartal beginnen“, berichtet er. Allerdings sei das abhängig von den Abiturprüfungen, ergänzt er. Eichelsbacher rechnet damit, dass der neue Glasfaseranschluss und das bereits im ganzen Schulgebäude vorbereitete W-Lan ab dem kommenden Schuljahr nutzbar sind.
Autor:Jennifer Müller aus Eckental |
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