Leserbrief
Pädagogisch sinnvoll oder dreiste Vertuschung des Lehrermangels?
Als Vater einer Tochter in der ersten Klasse der Grundschule Forth bin ich enttäuscht und besorgt. Warum, das möchte ich in diesem Leserbrief aufzeigen.
Den Eltern der künftigen Erst- und Zweitklässler an den Grundschulen in Forth und Brand wurde kurzfristig in einem Elternbrief mitgeteilt, dass die Schulen für das nächste Schuljahr eine Jahrgangsmischung der Klassen 1 und 2 einführen wollen. Dagegen gab es Widerspruch und große Bedenken in der Elternschaft. Ein Gespräch mit dem Schulleiter der Grundschule Forth offenbarte, dass der Wunsch zur Mischung grundsätzlich bei der Schulleitung vorhanden ist, dass aber manche Lehrkräfte diesem Plan skeptisch gegenüberstehen. Zudem sind die Rahmenbedingungen, besonders durch die Ungewissheit bzgl. Corona, nicht ideal.
Von Eltern geforderte und von allen Seiten als notwendig und sinnvoll erachtete Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung wären ausreichende Differenzierungsstunden, angepasstes Unterrichtsmaterial, ausreichende Zusatzqualifikation der Lehrkräfte für die neuen Herausforderungen, ausreichend Räumlichkeiten, flexibles Mobiliar und noch mehr. Vieles davon kann nicht garantiert werden. Es wurde auch darüber informiert, dass die Jahrgangsmischung nur für die Jahrgänge eins und zwei gelten wird. Dies bedeutete, dass die Kinder der diesjährigen ersten Klassen für das kommende Schuljahr neu gemischt und teilweise neuen Lehrkräften zugeteilt werden. Das verhindert eine gute Bindung zwischen den Kindern. Auch der Bezug der Klassenleitung zu den Kindern ist dadurch nicht mehr ideal.
Um es dann richtig absurd zumachen, wird im übernächsten Schuljahr, wenn die jetzigen Erstklässler dann in die dritte Klasse kommen, wieder ohne Mischung beschult! Somit kommt es dann erneut zur Auflösung der bestehenden Klassen und die Kinder müssen sich wieder umgewöhnen. Dieses Durcheinander erfüllt Eltern mit Sorge um das Wohl der Kinder, denn es wäre doch sehr wünschenswert, dass Kinder in den ersten Schuljahren möglichst gute Schulerfahrungen machen, um den Spaß am Lernen nicht zu verlieren. Wie das unter diesen Bedingungen erreicht werden kann, bleibt ungeklärt. Man verweist auf die Kompetenz der Lehrkräfte und darauf, dass diese das schon irgendwie schaffen werden.
Der Elternabend, welcher die Eltern der betroffenen Kinder von den Vorteilen der Jahrgangsmischung überzeugen sollte, verfehlte großteils sein Ziel. Eltern bleiben mit dem Gefühl der Machtlosigkeit zurück. Man wurde zwar angehört, aber dennoch bleibt es bei dem Plan. Die letztendlich geäußerte Begründung seitens des Schulamtes des Landkreises Erlangen-Höchstadt war, dass der Lehrermangel in der Grundschule zwingend zu diesen Schritten führen muss. Auch die Forderung seitens der Eltern und der Wunsch der Schule, dann doch wenigstens die im Gesetz für die Einführung der jahrgangsgemischten Klassen vorgesehenen Zusatzstunden zur Aufteilung in Kleingruppen auszuschöpfen, wurde als aussichtslos dargestellt, denn selbst dafür fehlen die Lehrkräfte. So werden also aus 4 kleinen Klassen der Jahrgangsstufen eins und zwei nun an beiden Schulen jeweils 3 jahrgangsgemischte Klassen mit größerer Schülerzahl je Klasse. Das spart zwei Lehrkräfte ein und dient zur Verschleierung der katastrophalen Situation, in der sich die Grundschulen, aber auch andere Schularten inzwischen befinden!
Ein gravierender Vorteil für die Kinder ist in dieser Situation nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Die Lehrkräfte müssen in der gleichen Zeit mehr Kinder beschulen und noch flexibler planen, um auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der einzelnen Kinder Rücksicht zu nehmen. Da aus Kostengründen und Idealismus inzwischen Integration, Inklusion und die Förderung von hochbegabten Kindern zusätzlich erwartet wird, kann man sich wohl vorstellen, was das für die Unterrichtenden bedeutet. Zudem wird im kommenden Schuljahr die Pflichtunterrichtsstundenzahl für Lehrkräfte an Grundschulen um eine weitere Stunde erhöht. Die Belastung nimmt also ständig zu und die Reputation des Berufsstandes ist in der Gesellschaft eher schlecht. Es ist daher zu erwarten, dass in Zukunft noch mehr Krankheitsfälle durch Überlastung beim Lehrpersonal auftreten werden. Zudem kann so kein junger Mensch für diesen Beruf begeistert werden. Das Problem wird sich also weiter verschärfen!
Ich bin der Meinung, dass dies ein Armutszeugnis für das Schulsystem in Bayern ist. Wie kann es sein, dass Kinder schon bei der Einschulung in ein auf Notprogramm laufendes Schulsystem treffen? Es besteht dringender Handlungsbedarf! Eltern fühlen sich machtlos und enttäuscht und sind besorgt um das Wohl ihrer Kinder, denn auf deren Belange kann offenbar keine Rücksicht mehr genommen werden.
Ist das die Zukunft, die wir uns für unsere Kinder wünschen? Ich würde mich freuen, wenn dieser Leserbrief das Bewusstsein dafür schaffen würde, dass es so nicht weiter gehen kann. Ich finde, das Schulamt und letztendlich das Kultusministerium mit dem zuständigen Kultusminister Prof. Dr. Piazolo müssen merken, dass Eltern diese Misswirtschaft nicht weiter akzeptieren wollen. Alle Lehrkräfte und Mitarbeiter an den Schulen sind sicher auch meiner Meinung. Es wäre ein Anfang, wenn viele Menschen Kontakt mit den zuständigen Stellen aufnehmen und ebenfalls ihre Meinung zur Bildungsmisere in Bayern kundtun würden. Die langjährigen Wahlversprechen müssen im Bereich Bildung endlich umgesetzt werden, damit unsere Kinder zukünftig nicht weiter zum Opfer dieser Politik werden!
Christian von Minnigerode
Autor:wochenblatt - Redaktion aus Eckental |
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