Kalchreuth und seine Bürgermeister
150 Jahre Ortsgeschichte
Die Neuwahl des ersten Bürgermeisters Otto Klaußner im Februar des Jahres gibt Anlass zu einen Rückblick auf frühere Bürgermeister, ihre Zeit und was zur jeweiligen Amtszeit in der Hauptsache im Ort alles geschaffen wurde.
In der Dorfchronik von 1954 schreibt Wilhelm Held von einem schon frühzeitig ausgeprägten Eigenleben der Gemeinde und einer frühen Dorfordnung. Diese regelte die Verteilung von Grund und Boden, die Schaffung und Erhaltung öffentlicher Straßen und Wege, die Regelung der gemeinsamen Viehweide, die Errichtung und Erhaltung der örtlichen Brunnen und vor allem des Feuerschutzes. Verwaltet wurde das Dorf schon von einer Art Dorfvorsteher. Sie wurden von den Einwohnern jedes Jahr bei einer Versammlung neu gewählt und konnten ihre Nominierung nicht ablehnen da sie sonst geboten wurde.
Vier Schlösser an der „Gemeindebüchse“
Speziell in Kalchreuth war die Situation im späten Mittelalter aber so, dass es gleich vier verschiedene Grundherrschaften gab und so wurden zwei Dorfvorsteher von den Gemeindemitgliedern gewählt und zwei durch die Dorfherrschaft bestimmt. Zu den bereits angeführten Aufgaben gehörten weiter die Verwaltung des gemeindeeigenen Vermögens, die Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit, die Führung der Rechnungen sowie die Betreuung von in Not geratener Einwohner. Sie hatten ferner das Recht und die Pflicht, aus der Gemeindebüchse Geld auszuleihen, sofern eine Not dazu vorhanden war. Sie mussten dafür auch die Bürgschaft übernehmen. Das vorhandene Geld konnten sie nur gemeinsam verwalten, denn die Gemeindebüchse war mit vier verschiedenen Schlössern ausgestattet und es mussten immer alle vier Gemeindevorsteher anwesend sein, um an das Geld zu gelangen.
Diese Art Gemeindeverwaltung hielt sich bis zum Jahr 1811. Dann trat eine Änderung nach der Eingliederung in das Königreich Baiern ein. Vorher gab es aber schon eine grundlegende Änderung, als unsere Gegend um 1796 an die Krone vom Königreich Preußen kam. Wegen der andauernden Kriege kamen die nun erlassenen Verordnungen kaum zur Durchführung und zurück blieben nur die Einführung des Schulzwanges und der Hausnummern. Ab etwa 1818 gab es dann in der bayerischen Zeit eine Art Selbstverwaltung der Gemeinden. Damals wurde auch Käswasser mit neun Anwesen nach Kalchreuth eingemeindet. Alle Ortsbewohner wählten einen Gemeindevorsteher, dem ein Armenpfleger und ein Schulpfleger zur Seite standen. Nach und nach übernahm dann aber der Staat alle wichtigen Verwaltungsrechte und beaufsichtigte die Gemeinden durch die Bezirksämter.
Seit 1871 gibt es Bürgermeister
Mit der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 erfolgte hier wieder eine entscheidende Änderung. Die Bürgermeister wurden nun mit der Führung der zivilen Standesämter betraut und so erscheinen auch in den Registern die Namen der Bürgermeister.
Wir finden für die Zeit bis 1876 den Namen Johann Müller, der ein einfacher Bauer war. Sein Nachfolger ist bis 1888 ein Johann Friedrich Kracker vom ehemaligen halben Rehhof, heute Roland Igel. In der weiteren Folge finden wir für die Zeit bis 1905 den Bauern Johann Müller. In seiner Amtszeit wurden die Dorfstraßen gepflastert und mit der Planung einer zentralen Trinkwasserversorgung begonnen. Dazu wurde in der Nähe des Kreuzweihers eine Wasserquelle gefasst und das Wasser in einen Hochbehälter nach Käswasser gepumpt und von dort auf die gesamte Ortschaft verteilt. Vorher gab es nur eine Quelle an der Tränke, einen Pumpbrunnen am Dorfplatz und etwa 30 eigene Brunnen neben den einzelnen Wohnhäusern.
Von 1906 bis 1923 war dann der Bauer Konrad Knapp Bürgermeister. Er empfing vor dem Schloss im Juli 1910 Prinz Ludwig, den späteren Bayerischen König Ludwig III. Sonst hatte er wohl die schwersten Jahre für die Gemeinde zu überstehen. Die zentrale Wasserversorgung wurde 1908 fertiggestellt und gleichzeitig wurde ab 1907 die Eisenbahnstrecke von Nürnberg-Nordost nach Eschenau gebaut. Die Baukosten waren auf insgesamt 1.249.000 Mark veranschlagt. Davon mussten die beteiligten Gemeinden, vor allem Heroldsberg und Kalchreuth, aber auch Gräfenberg, 173.400 Mark aufbringen. Die Einweihung fand am 1. Mai 1908 statt, Kalchreuth hatte damals 976 Einwohner.
„Vollzugsgewalt“ nach dem I. Weltkrieg
Noch viel schlimmer aber waren die schrecklichen Jahre des ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918, die Revolution und die folgende Inflation. Im Mai 1919 trat für die Gemeinden ein neues Selbstverwaltungsgesetz in Kraft, an Stelle der Gemeindevorsteher traten nun richtige Bürgermeister sowie Gemeinderäte. Erstmals wurde den Bürgermeistern die volle Vollzugsgewalt zugesprochen. Gleichzeitig wurde das Bürgerrecht, (durch Geburt oder Erwerb bei einer Heirat), aufgehoben. Von 1923 bis 1933 folgte dann Friedrich Wittigschlager. In seiner Amtszeit wurde 1928 der neue Friedhof zwischen Kalchreuth und Käswasser angelegt. Die Inflation und die Arbeitslosigkeit sowie politische Machtkämpfe erschütterten die Einwohner. An seiner Stelle folgte ab Juni 1933 der Schullehrer des Dorfes, Georg Hesselbach. Von da an war der Bürgermeister nach dem „Führerprinzip“ mit einer unbeschränkten Vollmacht ausgerüstet und keiner Kontrolle durch die Bürger mehr unterworfen. Hinzu kam dass der Staat immer stärker durch Verordnungen in die Gemeindeverwaltung eingriff. Auch dessen Amtszeit dürfte nicht leicht gewesen sein, denn der zweite Weltkrieg von 1939 bis Mai 1945 erschütterte unsere Heimat – schreibt der Chronist Wilhelm Held dazu.
Nach dem Führerprinzip kam wieder
die Demokratie
Nach der Besetzung des Dorfes durch die Amerikaner im April 1945 wurde er verhaftet und in ein Lager gebracht. Er wurde aber sehr bald wieder freigelassen da ihm keine Verfehlungen nachgewiesen werden konnten. An seine Stelle trat bis August 1945 Georg Lowig und dann folgte der Mauerer und Landwirt Georg Ulrich. Vor größeren Kriegsschäden (bis auf vier Gebäude, die niederbrannten) blieb Kalchreuth zwar verschont, aber es kamen ab 1945 Evakuierte aus Nürnberg und einige Jahre später etwa 200 bis 300 Vertriebene und Flüchtlinge in den Ort, die alle untergebracht werden mussten. Die Einwohnerzahl stieg von 1087 im Jahr 1939 auf 1551 Bürgerinnen und Bürger im Jahr 1946. Es waren viele Geigenbauer aus dem Egerland dabei, die in den 1950er Jahren weiterzogen nach Bubenreuth.
Zwölf Jahre „Führerprinzip“ haben es jedoch nicht vermocht das dem Begriff „Gemeinde“ innewohnende demokratische Element zu zerstören, heißt es in einem Beitrag zu einer Landkreisbroschüre aus dem Jahre 1964. Ab 1960 war der Landwirt Johann Böhm Bürgermeister. In seiner Zeit wurde das Baugebiet Am Heckacker ausgewiesen. Ihm folgte im Mai 1966 der gelernte Kesselschmied Hans „Michel“ Sulzer. Er war ein eifriger Verfechter der Ideen der Sozialdemokratie und ein energischer Gemeindepolitiker. Er war wegen seiner Eigenwilligkeit im ganzen Land bekannt und vertrat die Gemeinde auch im Kreistag Erlangen. Unter seiner Amtsführung wurden die Straßen, die Wasserversorgung und die Ortsbeleuchtung ausgebaut, es kam eine Kläranlage, ein neuer Kindergarten, das Sportzentrum und vor allem 1972 ein neues Schulhaus mit Turnhalle.
Selbstverwaltung in Eigenständigkeit erhalten
Er brachte kleine Gewerbebetriebe in den Ort und es wurde viele Häuser gebaut. Das wichtigste war aber dass es ihm 1980, zusammen mit einigen Mitstreitern, gelungen war die Selbstverwaltung der Gemeinde durchzusetzen. Er starb, nachdem er die Wahl im Jahr 1990 noch einmal gewonnen hatte, im Mai 1991. Sein Nachfolger wurde Erwin Nützel von der CSU. In seiner Amtszeit wurde ein zweiter Kindergarten gebaut, neue Baugebiete und ein Gewerbegebiet ausgewiesen sowie 1998 ein neues schmuckes Rathaus errichtet. Weiter setze er sich für die Partnerschaft mit dem französischen Ort La Chapelle des Fougeretz ein. Er ist 2017 verstorben. Im Jahr 2008 folgte ihm Herbert Saft von den Freien Wählern. Er sorgte für ein neues Wasserwerk, die Überleitung des Schmutzwassers nach Nürnberg, das Neubaugebiet Am Weingarten und die Dorfverschönerung im Rahmen der Städtebauförderung. Weiter sind die Erweiterung des Kinderhauses Villa Kunterbunt, ein Hort, die Wanderwege sowie ein Bewegungspark für Jung und Alt zu erwähnen.
Im Herbst 2023 trat er aus gesundheitlichen Gründen vom Amt des 1. Bürgermeisters zurück, am 25. Februar 2024 wurde dann als neuer erster Bürgermeister Otto Klaußner (CSU) gewählt.
Ernst Bayerlein
Autor:wochenblatt - Redaktion aus Eckental |
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.