Ein Blick in die Geschichte von Ernst Bayerlein
725 Jahre Kalchreuth
Vor 25 Jahren wurde mit einem großen Fest das Jubiläum 700 Jahre Kalchreuth gefeiert. Damit verbunden war damals die Einweihung des neuen Rat- und Bürgerhauses. Nachdem in diesem Jahr kein 725. Jubiläum gefeiert wurde, erinnert das wochenblatt an die Geschichte des Dorfes.
Die erste urkundliche Erwähnung
„Wir, Albrecht, von Gottes Gnaden, allzeit erhabener König der Römer, wollen zur Kenntnis aller bringen, dass wir auf Bitten des edlen Herrn Konrad, Burggraf von Nürnberg, die nachstehenden Güter, nämlich das Dorf Kalchreuth mit allen seinen Zugehörungen und Rechten die derselbe Burggraf von uns und dem Reich zu Lehen hatte, den edlen Herren Johann und Friedrich Gebrüdern, Burggrafen von Nürnberg und deren Erben, sowie der ehrwürdigen Frau Agnes, der Tochter des vorgenannten Burggrafen und Gemahlin des edlen Friedrich von Truhendingen zu ihrem Lehen gegeben haben. Zum Zeugnis dessen wurde gegenwärtiger Urkunde unser Majestätssiegel angehängt. Gegeben zu Nürnberg im Jahre des Herrn 1298 am Tag vor dem seligen Apostel Thomas (Namenstag früher am 21. Dezember) im ersten Jahr unseres Königtums“ – so steht es in der alten Chronik und ist damit die erste urkundliche Erwähnung des Ortes.
Das Dorf hat also schon vor 1298 bestanden und wurde wahrscheinlich im 11. Jahrhundert aus dem Reichswald heraus gegründet. Der Name Reuth bedeutet roden und Kalksteine kommen auch im Boden vor, so entstand der Name Kalchreuth. Bereits am 26. April 1342 verkauften die Burggrafen Johann und Albrecht von Nürnberg den Ort und ihre (leider nicht näher beschriebenen) Güter zu Kalchreuth an Ulrich II. Haller. Die Haller waren eine reiche Nürnberger Patrizierfamilie und Familienmitglieder waren immer Mitglied im Hohen Rat der Freien Reichstadt Nürnberg. Die Haller hatten aber nicht immer alle Bauernhöfe im Besitz, wie sich später noch herausstellen wird, als es gleich vier Grundherrschaften in Kalchreuth gab. 1465 erwarb ein Amtmann Wallenrod 16 Güter, die er als Pfründe für eine ewige Messe der Kirche in Schwabach vermachte.
Um 1500 erwarb Matthäus Sauermann fünf Güter, er war Besitzer der Forsthube, seine Nachfolger waren die Familien Imhoff und von Wölkern. 1508 erscheint schließlich noch ein Freiherr von Wetzhausen, er verwaltete acht Güter im Auftrag des Markgrafen. Angelegt war Kalchreuth als Straßendorf mit einer Hauptstraße, der Sackgasse und der Weißgasse. Im Mittelpunkt waren der Platz für eine „Behausung“, ein Vorgängerbau vom Schloss und gleich daneben der Platz für eine „Andres -Kapelle“. Wann das heutige Schloss und die St. Andreas-Kirche erbaut wurden kann nicht genau belegt werden, Quellen nennen für beide Bauten das 14. Jahrhundert.
Fast alle vor 1800 bestehenden Anwesen lassen sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen, einige auch ins 14. Jahrhundert. Aufgrund der alten Hausnummern kann man von etwa 60 Bauernhöfen ausgehen. Nach einer Statistik von Pfarrer Gottlob Rehlen hatte die Kalchreuther Pfarrei vor dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) zusammen mit Käswasser, Röckenhof und Wolfsfelden insgesamt 550 Glieder. Durch den Krieg, Hungersnot und Krankheiten starb über die Hälfte der Einwohner, es brannten viele Häuser und Scheunen ab. Um 1650 wurden die Höfe wieder aufgebaut, teilweise von Flüchtlingen aus dem Salzburger Land, die wegen ihres Glaubens dort vertrieben wurden (Exulanten). 1900 gab es 119 Häuser, die Einwohnerzahl betrug 976 Personen. Sie stieg 1946 durch den Zuzug von Vertriebenen und Flüchtlingen auf 1551 und im Jahr 1998 waren es 2985 Einwohner. Heute leben 3235 Personen in Kalchreuth.
Die Sankt Andreas-Kirche
In einer alten Urkunde heißt es „Anno Domino 1471 ist die Kirche zu Kalchreuth gebauet worden. Begonnen wurde im Juni und vollführt den Bau mit Stein und mit Zimmern dass die Kirche ganz stundt, mit Ziegeln überschossen am St. Lorenzen-Tag nächst Jahr“. Vermutlich gab es aber schon eine kleine „Andres“-Kapelle, an der das heutige Langhaus von der Pfarrgemeinde angebaut wurde. 1494 ließ dann Jobst Haller die Kapelle abreißen und den neuen gotischen Chor errichten.
Berühmt ist der Altar aus der Werkstatt von Michael Wohlgemut, das Sakramentshäuschen von Adam Kraft, vor allem die 12 Tonapostel und die Pieta. Die Kirche war katholisch, Maria ist etwa zwanzigmal zu finden, aber bereits 1524 wurde die Reformation eingeführt. In den über 500 Jahren wurde in der Kirche fast nichts verändert, sie wird als spätgotisches Schatzkästlein bezeichnet.
Seit 1974 finden wieder Katholische Gottesdienst in der Kirche statt, allerdings ohne Weihrauchduft. In Kalchreuth steht nicht das trennende der Kirchen im Vordergrund sondern die Oekumene. Es gibt zahlreiche gemeinsame Kreise und Aktivitäten.
Das Hallerschloss
Im Jahre 1850 verkauften die Haller das Schloss das in einer Lehensurkunde von 1398 als „Behausung“ erwähnt ist. Es ist zu vermuten dass Ulrich II. Haller mit dem Bau begonnen hat, 1425 ist dann ein Zwinger und Graben ums Haus erwähnt. Dieser erste Schlossbau ist wahrscheinlich im 1. Markgrafenkrieg (1449) niedergebrannt. Es wird angenommen dass dann der heutige Hauptbau des Schlosses errichtet wurde, 1560 wurde es dann mit dem südlichen Querflügel erweitert. Nach sechs Besitzerwechseln in 123 Jahren mit Fremdenzimmer, Café- und Gastwirtschaftsbetrieb kam das Schloss im Jahr 2017 an den Nürnberger Dipl-Ing. Andres Patla und seinen Sohn. „Das alte Gebäude hat ein besonderes Flair, eine Ausstrahlung und eine Bedeutung für ganz Kalchreuth“ – stellt der neue Schlossbesitzer fest.
In der alten Zehntscheune wurden einst die Naturalabgaben, der sogenannte „Zehnt“ jener 33 Bauern gelagert, die bis 1848 Untertanen der Herrschaftsfamilie Haller waren. Sie stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1571/72, verbürgt ist das Jahr 1678 und gehört baugeschichtlich zu den ältesten Häusern im Erlanger Oberland. 1850 wurde die Scheune von der Familie Haller an die Bauernfamilien Wick und Müller verkauft und 1999 erwarben die Eheleute Hartwig die Scheune und richteten ein Antiquitätengeschäft ein.
Albrecht Dürer in Kalchreuth
Der berühmteste Maler im späten Mittelalter, Albrecht Dürer (1471-1528), war öfter zu Gast im Hallerschloss in Kalchreuth. Wie kam es dazu? Wolf III. Haller, geboren 1467 in Nürnberg, heiratete 1490 Ursula Koberger, eine Tochter des reichen Buchdruckers Anton Koberger. Ursula war im gleichen Jahr 1471 geboren, die beiden kannten sich von Kindesalter an und so waren Besuche im Schloss in Kalchreuth, wo das junge Ehepaar wohnte, naheliegend. Zudem hatte Dürer nach seiner ersten Italienreise 1495 auch die Landschaften und die Poesie stiller Winkel entdeckt und suchte als Beiwerk für große Porträts und Motive und hielt sie im Skizzenbuch fest.
Wahrscheinlich um 1500 war Albrecht Dürer in Kalchreuth und malte vom oberen Dachfenster des Schlosses das „Dorf Kalchreuth“. Es ist die älteste bekannte Dorf-Ansicht. Das Bild ist 21,6 mal 31,4 Zentimeter groß. Auf dem Bild blickt der Betrachter über die strohgedeckten Dächer des Dorfes hinweg auf mächtige Bäume am Abzweig zum heutigen Rosenwinkel und zur früheren „Tränke“. Dahinter sind das weite, bewaldete Schwabachtal sowie der sanfte Rücken des Hetzles Berges, weiter sind die Lange Meile bei Forchheim und die Friesener Warte bei Hirschaid zu sehen. Das Bild befindet sich als Beutekunst Rußlands in Moskau.
Ein weiteres Bild „Kalchreuther Landschaft“ wurde wahrscheinlich westlich am Ortsausgang gemalt und schließlich gibt es noch eine Bleistiftzeichnung „Quelle im Wald mit Antonius und Paulus“ um 1502 (Dürerquelle).
Das Kirschendorf
Bei einer Reise durch Franken besuchte der Bayerische König Maximilian II. mit seiner Frau Marie die Gemeinde, um in einem Kirschgarten an der Erlanger Straße das „edle Obst“ eigenhändig zu pflücken, wie Pfarrer Ernst Hopp in seiner Chronik von Kalchreuth 1892 berichtet. Der Ruf als „Kirschendorf“ war damals also schon weithin bekannt. Schon 1843 berichtet ein anderer Ortspfarrer, dass Kalchreuth im März von einem Blütenmeer umgeben ist und dass es im Juni und Juli unermessliche Mengen von Kirschen gibt. In der Bayerischen Zeit ab 1810 erst hatte man mit dem Kirschenanbau begonnen, wahrscheinlich vom Kloster Weißenohe ausgehend. Vorher brachte der Hopfen einen gewissen Wohlstand in das Dorf, sodass stattliche Häuser und Höfe erbaut werden konnten. Es wurden immer mehr Kirschenbäume gepflanzt, um 1900 waren es 3.900 Kirschbäume von knapp 10.000 Obstbäumen. Bis 1960 stieg die Zahl weiter auf etwa 8.000 Kirschbäume und insgesamt auf etwa 20.000 Obstbäume. Heute ist allerdings mindestens jeder zweite Baum abgesägt und entfernt worden.
An den Besuch des Bayerischen Königs erinnert alle Jahre die Kirschenkärwa am 1. Sonntag im Juli. Die selbstständige Gemeinde Kalchreuth
Von 1972 bis 1978 wurde in Bayern eine Landkreis- und Gemeindereform durchgeführt. Zahlreiche Gemeinden sollten sich zu Verwaltungsgemeinschaften zusammenschließen, so auch Kalchreuth mit Heroldsberg in den Jahren 1978 bis 1980. Doch Kalchreuth hatte als Bürgermeister den „Sulzers Michel“. Er und zahlreiche Mitstreiter setzten alles daran, dass Kalchreuth selbständig blieb und auch die eigene Verwaltung behielt. Im Januar 1980 holte Sulzer mit einer Pferdekutsche die Akten in Heroldsberg wieder ab.
Der Ort entwickelte sich weiter auch unter seinem Nachfolgern Erwin Nützel (von 1991 bis 2008) und Herbert Saft (von 2008 bis 2023). Es wurden alle notwenigen Einrichtungen für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen wie neues Rathaus, Kindereinrichtungen, die Schule, die Wasserversorgung, Kanal-Überleitung nach Nürnberg, ein großes Gewerbegebiet sowie die Neubaugebiete Feueräcker und Weingarten. Zur Gemeinde gehören die bis 1978 selbstständige Gemeinde Röckenhof, Käswasser, Stettenberg sowie die Gabermühle und Minderleinsmühle. Nach dem Rückzug von Herbert Saft (wie berichtet) findet am Sonntag, 25. Februar 2024, die nächste Bürgermeisterwahl statt.
Vor allem die zahlreichen Vereine tragen dazu bei, dass es sich in Kalchreuth gut leben und – nicht zuletzt bei neun Gasthäusern – auch gut essen und trinken lässt. Ernst Bayerlein
Autor:wochenblatt - Redaktion aus Eckental |
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