Weißes Schloss Heroldsberg
Werk des Monats: Rudolf Schiestl – Studie eines stehenden Mannes mit Umhang
Das Museum Weißes Schloss Heroldsberg besitzt mehrere Druckgrafiken des Künstlers Rudolf Schiestl (*1878 in Würzburg, +1931 in Nürnberg), der zu den wichtigsten fränkischen Künstlern der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zählt. Schiestl, der in der Klasse von Franz von Stuck an der Akademie in München studierte, wurde im Jahr 1910 an die Kunstgewerbeschule Nürnberg berufen. Zu seinen vielen Schülern gehörte auch Fritz Griebel (1899–1976), außerdem die renommierten Künstler Konrad Volkert (1906–1999), Alfred Finsterer (1908–1996) und Eitel Klein (1906–1990). Wahrscheinlich besuchte auch Richard Lindner (1901–1978) die Klasse Schiestl und nahm an dessen Exkursionen teil. Lindner, der 1941 nach Amerika emigrierte, erlangte ab den 1960er Jahren internationalen Ruhm. Aus der Schiestl-Schule stammte auch die Nürnberger Künstlerin Dore Meyer-Vax, der die Kunstvilla Nürnberg 2021 eine große Retrospektive widmete.
Im Juni 2021 konnte das Weiße Schloss seine Schiestl-Sammlung um eine Zeichnung bereichern, die sich zuvor in der Privatsammlung des Quelle-Gründers Gustav Schickedanz befand und aus dem Nachlass Rudolf Schiestls stammt. Das Blatt zeigt die Studie eines älteren Mannes mit langem Umhang, der gebeugt in einen Sack schaut, den er mit beiden Händen aufhält. Links neben der Zeichnung hat Rudolf Schiestl das Motiv der greifenden Hand in größerem Maßstab und detailgetreu studiert. Gut erkennt man Schiestls Kreidestriche, die den Körper formen. Um der Figur mehr Plastizität zu verleihen, wurden Stellen im Gesicht, an der Hand und dem linken Schuh des Mannes mit Weiß hervorgehoben. Das Blatt führt uns Rudolf Schiestls Arbeitsweise vor Augen, der seine Grafiken und Malereien akribisch mit Zeichnungen vorbereitete und die Bewegungen seiner Figuren durchdachte und visualisierte.
Alexander Racz, Kurator Weißes Schloss Heroldsberg
Autor:wochenblatt - Redaktion aus Eckental |
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