Innovative Forschung ausgezeichnet
Die Hitze bleibt draußen

Bis jetzt werden die schaltbaren Folien noch im Labormaßstab bis 20 Quadratmeter am Energie Campus in Nürnberg hergestellt. | Foto: AMPERIAL Technologies GmbH
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  • Bis jetzt werden die schaltbaren Folien noch im Labormaßstab bis 20 Quadratmeter am Energie Campus in Nürnberg hergestellt.
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Mit einer innovativen technischen Lösung für ein bekanntes Problem macht derzeit ein Start-up-Unternehmen von sich Reden, das in Igensdorf ansässig ist. Die AMPERIAL Technologies GmbH aus Igensdorf entwickelt smarte, schaltbare Fensterfolien als Hitzeschutz für Gebäude. „Die Lösung ist eine enorm energiesparende Alternative zu Klimaanlagen“, erläutert Matthias Trost, einer der Gründer, im Gespräch mit dem wochenblatt.Er ist einer der drei Geschäftsführer von AMPERIAL Technologies, studierte International Business Studies an der FAU, arbeitete kurz bei einer Bank und lernte im Gründerzentrum ZOLLHOF in Nürnberg Niall Killilea, Katja Wadlinger und Dr. Olaf Weiner kennen. Dort wurde die Idee geboren, gemeinsam einen nachrüstbaren Hitzeschutz für Gebäude zu entwickeln.
Katja Wadlinger aus Heroldsberg ist vielen wochenblatt-Lesern als Feuerwehrfrau und sehr erfolgreiche Sportlerin vertraut, machte ihr Abitur am Gymnasium Eckental und forschte im Elitestudiengang „Advanced Materials and Processes“ in Erlangen.
Dr. Olaf Weiner ist Molekularbiologe. Als Serienunternehmer hat der Igensdorfer bereits einige Innovationen und Unternehmen erfolgreich auf den Weg zur Umsetzung gebracht – bisher meist im Medizintechnik- und Pharmabereich, unter anderem für Philips in Eindhoven. Für Matthias Trost ist er ein echter „Hidden Champion“.

Forschung als Grundlage

AMPERIAL Technologies entstand als Ausgründung aus der Forschung zu Nanokristallen am Energie Campus Nürnberg (ENCN) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Die Forschungsgruppe „Solution Processed Semiconductors“ (SoPSem) ist Teil des Lehrstuhls für Materialien der Elektronik und Energietechnologie des Departments Werkstoffwissenschaften. Die Forschungsarbeiten fanden unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Heiß statt, der sich seit über 20 Jahren auf nanokristalline Chemie und Elektronik spezialisiert hat.
Seit 2015 promoviert Niall Killilea mit Fokus auf der Entwicklung und Entdeckung neuer Materialien aus dem Bereich Infrarot-aktive Elektronik. Im Jahr 2020 begann er mit der Entwicklung einer neuartigen Metalloxid-Nanokristall-Tinte, Anfang 2021 gipfelte seine Forschungsarbeit in einem ersten Prototypen einer neuartigen, elektrochromen Folie. Der Prototyp demonstrierte das enorme Potenzial der Technologie, sie in ein Produkt mit hohem Marktpotenzial weiterzuentwickeln.

Förderung und Auszeichnung

2023 wurde das Team vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Europäischen Sozialfonds durch das EXIST Gründerstipendium mit einem sechsstelligen Fördergeld unterstützt. Im Juni 2023 freute man sich über eine Auszeichnung im Businessplan-Wettbewerb Nordbayern der Initiative BayStartUP: In Phase 2 stand AMPERIAL auf Platz 1, mit Platz 2 in der finalen Runde waren eine Siegerprämie in fünfstelliger Höhe, individuelles Finanzierungscoachings sowie der Zugang zum BayStartUP Investorennetzwerk verbunden. Im September 2023 fand die neue Folie in der Fachpublikation VDI-Nachrichten Zuspruch.2024 qualifizierte sich AMPERIAL bei den internationalen ODDO BHF Young Entrepreneurs Awards 2024 (OYEA) als einer von 10 Finalisten. ODDO BHF ist eine deutsch-französische Finanzgruppe, die 128 Mrd. Euro an Vermögenswerten für ihre Kunden verwaltet und mit dem OYEA junge Unternehmen fördert und unterstützt. Am 28. Februar erreichte AMPERIAL Platz 2 im „People‘s Choice Award“, dem Publikumspreis. Der bringt zwar kein Preisgeld ein – aber die Möglichkeit, sich dort zu präsentieren und Kontakte zu zu knüpfen, war „Gold wert“, so Matthias Trost.

Licht kommt rein, Hitze bleibt draußen

Klimaanlagen in Wohn- und Bürogebäuden beanspruchen bereits heute mit 2.000 TWh oder 2 Billionen kWh rund 10 Prozent der weltweit verbrauchten Energie. Der Großteil der unerwünschten Hitze tritt als Sonnenstrahlung durch Fenster und Glasfassaden ins Gebäude ein. Statischer Sonnenschutz hilft zwar im Sommer, wirkt jedoch im Winter kontraproduktiv, die Installation lichtabweisender Scheiben oder Verschattungssysteme ist aufwändig.Die Lösung ist ein dynamischer Hitzeschutz mit intelligenten Sonnenschutzfolien. Das nanotechnologische Material ermöglicht eine kostengünstige Nachrüstung für jede Gebäudegröße und kann die Aufheizung im Gebäude um bis zu 7°C sowie den Stromverbrauch für Kühlung und Beleuchtung um bis zu 26 Prozent reduzieren.
Die transparente Folie reflektiert hauptsächlich den Wärmeanteil des Sonnenlichts, ohne den gewünschten Tageslichteinfall zu beeinträchtigen: „Licht kommt rein, Hitze bleibt draußen.“ Der Effekt kann automatisiert (nach Temperatur, Jahreszeit oder Sonneneinstrahlung) aktiviert oder deaktiviert werden oder auch individuell nach Komfort und Wohlbefinden. Zudem kann die Folie graduell getönt werden, um unangenehme Sonnenblendung zu vermeiden.
Dabei muss die Folie nicht ständig „unter Strom“ stehen, sondern nur zum „Umschalten“. Zwar gibt es bereits „Smart Windows“ mit intelligenten Glasscheiben und Tönungseffekt, aber nur durch extrem teure Verfahren, die sich nicht auf Folie realisieren lassen.

Schrittweise in die Produktion

Für die Herstellung der Innovation werden Polyesterfolien zugekauft, die durch aufgedampfte ITO-Beschichtung mit Indium-Zinnoxid bereits leitfähig sind. Dann erfolgt das Aufdrucken von drei bis vier nanotechnologischen Schichten. Beim schrittweisen Einstieg in die Produktion will man sich auf keinen Fall überheben, erläutert Matthias Trost. Daher wird das Material für aktuelle Testinstallationen – für die es bereits eine Warteliste gibt – noch im Labormaßstab bis 20 Quadratmeter am Energie Campus in Nürnberg hergestellt. Im nächsten Schritt soll mit einem Partner in Hamburg die fünffache Menge realisiert werden, bevor man dann in die Großserienproduktion einsteigt. Für diesen Einstieg braucht das Start-Up weiteres Kapital – und ist froh, dass man mit Geldgebern aus Heroldsberg in der Region fündig geworden ist, um wieder einen Schritt voranzukommen.
www.amperial.eu

Bis jetzt werden die schaltbaren Folien noch im Labormaßstab bis 20 Quadratmeter am Energie Campus in Nürnberg hergestellt. | Foto: AMPERIAL Technologies GmbH
 Niall Killilea, Dr. Olaf Weiner, Katja Wadlinger und Matthias Trost (von links) arbeiten an der Markteinführung einer segensreichen Innovation. | Foto: AMPERIAL Technologies GmbH
Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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