Der Gloss'n HANS MACHT SICH Gedanken

Über kurz oder lang

Sie wer’n lachen, aber ich muss mich kurz fassen. Bis ans untere Ende dieser Spalte sind es ab hier noch 199 Millimeter oder 54 Zeilen, dann ist Schluss für diese Woche. Texte werden ja derzeit ohnehin oft immer länger durch umstrittene Versuche, alle Geschlechter sichtbar zu machen. Bis hin zu Stilblüten, mit denen man geschlechtsneutralen Begriffen wie "das (!) Mitglied" mit Gewalt Geschlechter aufzwingt.

Die uralte Telefonzelleninschrift "Fasse Dich kurz" habe ich schon mal erwähnt. Was eine Telefonzelle ist, müssen jüngere Leser vermutlich googeln – ganz zu schweigen von einem "Telegramm".

Wenn man dieses googelt, liefern Algorithmen als Erstes Infos zum Messenger-Dienst "telegram", der im Ruf steht, verschlüsselter als WhatsApp zu sein und gerne von Gaunern und Spinnern genutzt zu werden.

Echte Telegramme waren die erste Möglichkeit, über weite Strecken zu kommunizieren: Persönlich diktiert, elektronisch in die Ferne "gekabelt" und dort schriftlich zugestellt wurden Telegramme 170 Jahre lang von der Post. Vor knapp drei Wochen hat man diesen Service eingestellt.

Die Gebühr wurde nach Wortanzahl berechnet. Dadurch entwickelte sich ein sparsamer "Telegramm-Stil", so wie später bei Twitter mit Zeichenbeschränkung. Da kam es sicherlich zu abenteuerlichen Abkürzungen, so wie manchmal in den Kleinanzeigen.

Sprachliche Extreme von einerseits Abkürzung und andererseits Langwort-Vehikel bietet die Behördensprache. Da wurde ich auf eine Verordnung aufmerksam, die offiziell abgekürzt wird als "EnSikuMaV". Ausgeschrieben heißt sie Kurzfristenergie­ver­sorgungssicherungsmaßnahmen­verordnung. 56 Zeichen in einem Wort – das hätte ich gerne mal telegrafiert, nur um der Post ein Schnippchen zu schlagen.

Ihr Gloss’n Hans